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Blog

Von Philipp Stadelmaier

stadelmaier place clichy

Da bin ich wieder in Paris, untergebracht bei einer Freundin in der Nähe der Place de Clichy, wo ich damals gewohnt hatte, als im Januar 2015 hier die Anschläge stattfanden, auf die Redaktion von Charly Hebdo und den jüdischen Supermarkt, und ich in der Folge begann, in meinem kleinen Zimmer ganz in der Nähe den Text zu schreiben, aus dem „Die mittleren Regionen“ wurde. Es war die Place de Clichy, die mir damals das Gefühl gegeben hat, im Zentrum der Ereignisse zu stehen, aber auch, dass in diesem Zentrum Chaos herrscht, wie der lärmende Verkehr, der von allen Seiten auf sie einströmt, sich auf ihr verquirlt und wieder auseinanderstiebt. Hier befindet man sich im Zentrum des bekannten und unbekannten Universums; hier wähnt man sich in der Mitte, während sie sich in einer Differenz verliert. In Mitten, in mittleren Regionen.

So stehe ich hier und frage mich, wo zum Geier ich bin. Letztlich bin ich selbst nur eine Mitte, und zwar die zwischen meinen Freunden, so wie jeder Freund immer die Mitte zwischen seinen Freunden ist, eine Mitte zwischen Mitten. Diese Mitte, das kommt mir an der Place de Clichy entgegen, ist alles, was ich habe. Ohne sie, ohne meine Freunde, könnte ich nicht schreiben. „Die mittleren Regionen“, das ist in erster Linie die Geschichte dieser Freundschaften.

Für Christian, Susanne, Simon, Jana und Shinu

 

Erstveröffentlichung aus Anlass der Verleihung des Clemens-Brentano-Preises für Literatur der Stadt Heidelberg an Philipp Stadelmaier für „Die mittleren Regionen. Über Terror und Meinung“  am 19.Juli 2018.