Rechtspopulistische Strömungen finden auf ihrem Feldzug gegen die Demokratie ein mächtiges begriffliches Mittel vor: die Extremismustheorie. Gewonnen aus einer spezifischen Lesart totalitarismuskritischer Arbeiten, etwa von Hannah Arendt, hat sich im Sprechen über die Gesellschaft ein Hufeisenmodell durchgesetzt: Eine Mitte der Gesellschaft werde von ihren Rändern bedroht. Islamismus, Rechtsextremismus und Linksextremismus arbeiten daran, die Demokratie zu zerstören. Doch besonders die Gleichsetzung von Rechtsextremismus und Linksextremismus führt oft dazu, ersteres auf Kosten von letzterem zu verharmlosen. Zudem ist die Konstruktion einer gesellschaftlichen Mitte selbst problematisch. Was gehört zu dieser Mitte, was nicht? Gerade die aktuellen Erscheinungsformen rechter Ideologien zielen darauf ab, gerade noch anschlussfähig zum gesellschaftlichen Diskurs zu bleiben und ihn durch kalkulierte Grenzverletzungen nach rechts zu verschieben – mit einigem Erfolg, Stichworte: „Flüchtlingswelle“, „Genderismus“ oder „political correctness“. Doch wenn selbst der positive Bezug auf das Grundgesetz teilweise als linksradikal diskutiert wird, desavouiert sich dieses Hufeisenmodell endgültig.
Mit Beiträgen von Eva Berendsen, Katharina Rhein, Tom Uhlig, Wolfgang Wippermann, Daniel Keil, Dana Ionescu, Ingolf Seidel, Meron Mendel und Deborah Krieg, Robin Koss, Kira Ayyadi, Maximilian Pichl, Sarah Schulz, Lillemor Kuht, Jonas Fedders, Charlotte Busch und Julia König, Paula Irmschler, Leo Fischer, Saba-Nur Cheema
Inhalt
Rechts von uns ist nur das Land
– Eva Berendsen, Katharina Rhein und Tom Uhlig
Wer nicht vom Faschismus reden will, sollte vom Extremismus und Populismus schweigen
– Wolfgang Wippermann
Politik(wissenschaft) als Mythos: Die Extremismustheorie und das Hufeisen
– Daniel Keil
Eine Totalitarismustheorie, die eigentlich keine ist. Die deutschsprachige Rezeption von Hannah Arendts Theorie der totalen Herrschaft
– Dana Ionescu
Politische Bildung als positiver Verfassungsschutz? – Über ein deprimierendes Demokratieverständnis
– Katharina Rhein
Extremismus – Ein Konzept zur Lähmung des Kampfes gegen Rechts
– Ingolf Seidel
„Das freche Kind“. Der Extremismusbegriff als Beeinträchtigung zivilgesellschaftlicher Organisationen
– Interview mit Meron Mendel und Deborah Krieg
Beste Freunde. Wie die AfD mit der Extremismus-Formel Demokratieprojekte unter Druck setzt
– Robin Koss
Goldrichtig. Über Rechte (reden) auf der Buchmesse, in Talkshows und anderswo
– Eva Berendsen
#wirsindmehr: Wer gegen Neonazis demonstriert ist nicht „linksextrem“, sondern Demokrat*in!
– Kira Ayyadi
Im Recht. Der Extremismusbegriff schützt vor allem eins: die Verfasstheit der herrschenden Wirtschafts- und Sozialordnung gegen emanzipatorische Politik
„Das hat doch nichts mit dem Islam zu tun!“. Muslime im Extremismustheater
– Saba-Nur Cheema
– Maximilian Pichl
„Wehrhafte Demokratie“ oder wie ein Inlandsgeheimdienst zum Demokratieschützer wird
– Sarah Schulz
Ein Ausnahmefall? Über die Isolierung rechten Terrors aus gesellschaftlichen Zusammenhängen am Beispiel NSU
– Lillemor Kuht
Kulturrevolution von Rechts. Die Diskursstrategien der Neuen Rechten
– Jonas Fedders
Deutschlands Platz in der Antarktis. Wie sich die Volksgemeinschaft an Kälte wärmt
– Tom David Uhlig
Lustkiller Feminismus. Zur Extremisierung von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt in rechten Diskursen
– Charlotte Busch und Julia König
Antisemitism – Connecting People
– Katharina Rhein und Tom Uhlig
Das Goldene Hufeisen
im Interview
Woher kommt die Wut?
– Paula Irmschler
G20 in Hamburg – Menetekel oder Gefahr?
– Leo Fischer
Autor*innenangaben