Selten in der Geschichte haben sich so viele Schriftstellerinnen und Schriftsteller an einer Aufstandsbewegung beteiligt wie bei der Münchner Räterepublik im April/Mai 1919. Autoren wie Ernst Toller, Erich Mühsam und Gustav Landauer waren Protagonisten der Bewegung. Auch Schriftsteller wie der Dramatiker Georg Kaiser, der Lyriker Alfred Wolfenstein sowie die (späteren) Romanciers Oskar Maria Graf und Ret Marut (alias B. Traven) nahmen lebhaften Anteil. Hatten sich bis dahin viele Schriftstellerinnen und Schriftsteller, zumeist bürgerlicher Herkunft, fast sämtlich von der Kriegseuphorie mitreißen lassen, entstand nun ein neuer Typus gegenwartsbezogener und arbeiterbewegungsnaher politischer Autorinnen und Autoren.
Nach einem Blick auf die Ereignisse während der Münchner Räterepublik und den Anteil der Autorinnen und Autoren daran wird diskutiert, welche Bedeutung der Literatur in der Folge beizumessen war und ist. Im Zentrum steht die Frage, wie Autorinnen und Autoren heute sinnvolle Beiträge mit den ihnen eigenen Mitteln leisten können, um etwa der Bedrohung von rechts und den gesellschaftlichen Prekarisierungstendenzen entgegenzuwirken, die den Auftrieb der Rechten befördern.
Mit Beiträgen von Jonas Bokelmann, Dietmar Dath, Annett Gröschner, Cornelia Naumann, Norbert Niemann, Chris Reitz, Stefan Schmitzer, Leonhard F.Seidl, Ingar Solty, Enno Stahl und Michael Wildenhain.
Inhalt
VORWORT
WANN SCHREIBT MAN DRINGEND WELCHE WELT?
Dietmar Dath
TEIL 1: DIE LITERATUR DES 20. JAHRHUNDERTS ZWISCHEN REVOLUTION UND REAKTION
A – Literatur und Literaten in der Münchener Räterepublik
IMMER WIEDER AUSBRECHEN
Dokumentarismus, Parteilichkeit und „Blochsche Kolportage“ bei B. Traven, Oskar Maria Graf und Albert Daudistel
Jonas Bokelmann
»WAS IST’S DENN EIGENTLICH?«
Militarismus, Krieg und Revolution als Erfahrung in Oskar Maria Grafs „Wir sind Gefangene“
Norbert Niemann
DIE „RUSSISCHE STEPPENFURIE“
Eine Bundistin an der Seite Kurt Eisners
Cornelia Naumann
„DIE WUT GEGEN DEN VERTROTTELTEN KONVENTIONSSTIL DER GESELLSCHAFT“
Leonhard F. Seidl
B – Literatur und Politik in Weimarer Republik, BRD und DDR
WIE DIE KOMMUNISTISCHE ARBEITER*INNENBEWEGUNG DER WEIMARER ZEIT DIE KUNST DEMOKRATISIERTE
Und was die engagierte Literatur heute davon lernen kann
Ingar Solty
WEIBERBRIGADE
Mein literarisches Leben im Spätsozialismus
Annett Gröschner
DER WILDE WESTEN …
Michael Wildenhain
TEIL 2: HEUTE: LITERARISCHE INITIATIVEN VON LINKS UND VON RECHTS
FÜR EINE „KÄMPFENDE ÄSTHETIK“
Realismus und Widerspiegelungstheorie
Enno Stahl
SCHEINREVOLUTIONÄRE APOKALYPTIK
Zur Ideologie, Medienpolitik und Ästhetik der Neuen Rechten
Chris Reitz
DOPPELT BLIND IM DOUBLE-BIND
Stefan Schmitzer
Autorinnen und Autoren dieses Bandes